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And Cut! - again

Das neuste Hobby der DVD-Industrie ist die Verlängerungszeit. Klingt komisch, ist aber so: Immer mehr Verleihe bringen erweiterte Fassungen, so genannte Extended Cuts, von ihren Produkten auf den Markt. Woran es liegt und was es bringt, erklären wir in unserem Special.

Verlängerte Fassung, Originalversion, Extended Version, Director’s Cut, Unzensiert – vor lauter Begriffen wird es dem Konsumenten fast schwindelig! Und wenn noch irgend ein "Special Edition" oder "Deluxe Ausgabe" auf der Verpackung prangt, ist die Verwirrung komplett. Meistens werden solche neuen Fassungen meist nur aus einem Grund auf den Markt gebracht: Geldmacherei. Natürlich gibt es auch künstlerische Ausnahmen, doch die Logik des Geldscheffelns ist offensichtlich: Eine bekannte Marke mit ein paar zusätzlichen Szenen findet bei den Fans immer Anklang, selbst wenn sie ein paar Franken oder Euro teurer ist. Denn schliesslich will man als Zuschauer jede noch so kurze zusätzliche Sekunde des eigenen Lieblingsfilms miterleben.

Den Begriff der Regiefassung, also dem Director’s Cut, gibt es schon lange. Bei 'Blade Runner' erschien 1991, neun Jahre nach der Kinopremiere, ein solcher auf Laserdisc. Die von Ridley Scott neu erstellte Fassung lässt den Film durch eine neue Szene in völlig neuem Licht erscheinen - so, wie er es als Regisseur ursprünglich geplant hat. Aber auch in der Neuzeit gibt es neue Versionen der Regisseure: Universal Pictures veröffentlichte etwa vor einigen Monaten zu 'Riddick' und 'The Frighteners' ebenfalls erweiterte Fassung. Dass ein Director’s Cut aber nicht immer länger sein muss als das Original, hat jüngst Paul Haggis mit seinem oscargekrönten 'Crash' bewiesen: In den USA veröffentlicht er eine Regiefassung, die satte 20 Minuten kürzer ist. Ob diese Version auch bei uns erscheinen wird, ist derzeit noch unklar.

Das grosse Zeitalter der erweiterten Filmfassungen hat allerdings Regiekönig Peter Jackson eingeläutet. Mit seinen Special Extended Editionen der 'Herr der Ringe'-Trilogie hat er nicht nur bessere Fassungen seiner Meisterwerke abgeliefert, sondern die anderen Filmemacher auch auf den Geschmack gebracht. Besonders Sony Pictures scheint Gefallen gefunden zu haben an der Neuveröffentlichung von Filmen, inklusive ein paar zusätzlichen Minuten: 'Ritter aus Leidenschaft - Extended Version', 'Der Patriot - Extended Version', 'Tränen der Sonne - Director’s Extended Cut' und 'Nicht noch ein Teenie-Film - Unrated Extended Director’s Cut' – kein Genre lässt der Verleih aus. Ähnliches geschah letzten Herbst im Hause Buena Vista: Die beiden Titel 'Coyote Ugly' und 'Nur noch 60 Sekunden' wurden mit zusätzlichem Material bestückt.

Womit besonders häufig geprahlt wird, ist das Wort "unzensiert": Ganz unter dem Motto "Sex sells" lassen sich mit ein bisschen nackterer Haut immer neue Kunden gewinnen. Ob dann auch wirklich mehr vom Versprochenen zu sehen ist, ist eine andere Frage. Aber das Prinzip funktioniert. In den USA wurde jüngst eine Uncut-Version von 'Mr. & Mrs. Smith' angekündigt. Bei den Sexsymbolen Jolie und Pitt ist diese Zusatzbezeichnung ein sicherer Verkaufsgarant. Horrorfilme sind ebenfalls bestens geeignet für die Unzensiert-Masche. Fans sehen etwa bei 'Saw' gerne etwas mehr Blut als man es im Kino erlebt hat. Kurzum: Unrated steht nicht nur für mehr Sex, sondern auch für mehr Gewalt.

Oftmals erscheinen auch nur noch erweiterte Fassungen: 'Jungfrau (40), männlich, sucht…' gibt es etwa nur mit den zusätzlichen Szenen und George Lucas’ ursprüngliche 'Star Wars'-Trilogie nur als die 1997er Special Edition. Aber sind denn diese Neufassungen immer besser? Ganz klar nein. Denn durch die zusätzlichen Szenen, die teilweise schlichtweg nur Lückenfüller sind, bekommen Filme so oftmals eine Langatmigkeit. Verschlimmbesserungen und Entehrungen ursprünglich guter Filme sind also keine Seltenheit. Das Umgekehrte kann aber auch der Fall sein: 'Daredevil' bekam nach seiner Veröffentlichung viel Tadel. Mit dem Director’s Cut strahlte die Comicverfilmung dann aber ein ganz anderes Gefühl aus. Ja, es machte sie erst zu einem richtig gelungenen Werk!

Was wollen wir also mit diesem Special mitteilen? Wir hoffen, dass sich die Verleihe zukünftig gut überlegen, welche Neufassungen sich wirklich lohnen und welche eben nicht. Verschiedene Versionen, die dem Kunden eine Auswahl bieten, sind grundsätzlich keine schlechte Sache. Doch wenn man nur mit ein paar, manchmal gar unbrauchbaren neuen Minuten den Käufern mehrmals das Geld aus den Taschen ziehen will, ist das einfach nicht fair. Spätestens wenn die Bezeichnung "Super Special Extended Deluxe Director’s Cut Edition" auf der Verpackung keinen Platz mehr findet, sollten selbst die Verleihe aufwachen.

© geschrieben von Adrian Spring

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