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Das Parfum - Review

Es ist die Verfilmung des duftreichsten Romans überhaupt. Aber wie schafft es Regisseur Tom Tykwer die Macht der Gerüche auf die Leinwand zu bannen?

Inhaltsangabe

Im Jahr 1738 wird im stinkenden Treiben des Pariser Fischmarkts ein Baby geboren: Jean-Baptiste Grenouille. Schon während seiner Kindheit im Waisenhaus merkt der Junge, dass er sich grundlegend von den anderen Kindern unterscheidet. Jean-Baptiste verfügt über einen ausgesprochen intensiven Geruchsinn, wodurch er den Duft aller Dinge innerlich analysieren, zersetzen und vor allem erleben kann. Im Alter eines jungen Manns (Ben Whishaw) streift er durch die Strassen von Paris, als seine Nase den bisher betöhrendsten Duft einfängt: Der sanfte Geruch eines rothaarigen Mädchens, das Mirabellen schneidet. Ohne es zu wollen tötet Jean-Baptiste das Mädchen und schwört sich, dass er das ultimative Parfum kreieren will. Beim Parfumeur Baldini (Dustin Hoffman) erlernt er das Grundwissen zum Einfangen von Düften. Doch schon bald wächst der junge Tüftler über sich hinaus und wird von der Idee des perfekten Parfums so sehr besessen, dass er über Leichen geht…


Kritik

Jeder, der 'Das Parfum' von Patrick Süskind gelesen hat, wird sich fragen: "Wie wollen die das auf die Leinwand bringen?" In der Tat war es eine Herausforderung für Produzent Bernd Eichinger und Regisseur Tom Tykwer: Ein Buch, das die ganze Zeit von Gerüchen, Parfums und Düften von Mädchen erzählt, filmisch umzusetzen, war eine Gratwanderung. Doch das Experiment ist geglückt und die Umsetzung des Millionen-Bestellers kann sich sehen lassen. Der Prunk beginnt schon bei der Besetzung: Hat man die zwiespältige und moralisch fragwürdige Figur des Jean-Baptiste mit dem Newcomer Ben Whishaw besetzt, fielen die Entscheide bei den Nebenrollen zugunsten von gestandenen Grössen. Dustin Hoffman als kauziger Parfumeur und Alan Rickman als besessen führsorglicher Vater heben die mit deutschen Geldern finanzierte Produktion auf internationales Niveau. Neben vielen deutschen Gesichtern (Corinna Harfouch, Jessica Schwarz oder etwa Karoline Herfurth) hat die englische Rachel Hurd-Wood (Wendy in der jüngsten 'Peter Pan'-Verfilmung) die vielleicht wichtigste Rolle überhaupt gekriegt: Laure, der berauschendste Duft von allen.

Zuerst das Mirabellen-Mädchen und später sie, Laure, sind Antrieb für Jean-Baptistes Besessenheit für das perfekte Parfum. Ein Parfum, in das sich die Menschen verlieben sollen. Ein Parfum, das sie begehren sollen. Um diese und alle anderen Düfte im Film visuell zu vermitteln, arbeitet Tykwer abwechselnd mit ruhigen und schnellen Kameraschnitten, und vorwiegend Nahaufnahmen der geruchvollen Objekte. Zu 100 Prozent kann die bildliche Umsetzung der Gerüche zwar nicht überzeugen, doch diese Lösung scheint die idealste zu sein. Noch besser zur Geltung kommen die Gerüche durch die mitreissende Musik, die auch Stunden nach dem Hören noch im Kopf des Zuschauers herumgeistert. Die grösste Hürde, also jener der Audiovisualisierung von Gerüchen, hat Tykwer damit bravourös gemeistert.

Eine weitere war es, den vielschichtigen Stoff und den noch vielschichtigeren Hauptcharakter zum Leben zu erwecken. Zum Glück haben die Macher an den richtigen Stellen gekürzt beziehungsweise abgeändert. Grenouilles Höhlenaufenthalt nimmt jetzt zum Beispiel nur wenige Filmminuten in Anspruch und die dadurch gesparte Zeit wird wertvolleren Szenen zugesprochen, etwa dem Sammeln des letzten Dufts für das Parfüm. Dennoch ist ‚Das Parfum’ mit 148 Minuten aber entscheidend zu lang geraten und ermüdet den Zuschauer zwischenzeitlich recht stark. Denn einige Szenen wollen schlichtweg nicht enden. Auch geht leider der Sarkasmus der Buchvorlage fast gänzlich verloren und so bleiben nur ein paar wenige Situationen, in denen es etwas zum schmunzeln gibt. Grenouilles Besessenheit und Begierde werden solide rübergebracht, auch wenn man sich (glücklicherweise) zu keiner Zeit zur Hauptfigur hingezogen fühlt. Wie in der Buchvorlage gibt es übrigens auch im Film einen Erzähler, der zwischenzeitlich Zeitsprünge oder Situationen, die nicht durch Dialoge der Figuren wiedergegeben werden, erläutert. Zum Beispiel das Ableben von Grenouilles Gefährten in seiner Laufbahn - auch im Buch eines der Highlights.

Eichinger und Tykwer zaubern ein bildlich imposantes und inhaltlich spannendes Abenteuer auf die Leinwand. Egal ob Jean-Baptistes Mord am Mirabellen-Mädchen, dem ersten Erstellen eines Parfums oder der wohl grössten Orgie der Filmgeschichte: Das Gesehene beeindruckt. Und das Beste: Der Charme der Vorlage wird beigehalten, wenn auch noch etwas düsterer wiedergegeben als beschrieben. Für Liebhaber des Romans ist die filmische Umsetzung ein Muss. Alle anderen werden ihre Freude haben, wenn sie die Überlänge verschmerzen können. Aber dieses Risiko sollte man eingehen, wenn man den duftreichsten Film der Geschichte erleben möchte.

Kurzkritik:
Patrick Süskinds Erfolgsroman 'Das Parfum' wird mit faszinierenden Bildern, schillernder Musik und insbesondere überzeugenden Darstellern zum Leben erweckt - inklusive audiovisueller Umsetzung von Gerüchen. Fans des Buchs werden zufrieden sein, Nicht-Kenner können den Film auch ohne Vorwissen geniessen. Wer zweieinhalb Stunden in eine leicht abgedrehte, aber umso mehr mitreissende Welt abtauchen will, wird hier bestens bedient.

© geschrieben von Adrian Spring

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